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Theoretische Grundlagen
Die Untersuchung von interaktiven Medien hinsichtlich des Lernens ist besonders interessant, weil die theoretischen Grundlagen auf die Notwendigkeit für die Feinabstimmung beim Medieneinsatz hindeuten. Ein einfaches, mehr ist besser, gibt es nicht - umgekehrt genausowenig.
Die Cue-Summation-Theorie sagt aus, dass eine vielfältige Reizung mehr kognitive Ressourcen freisetzt. Ursprünglich war die Theorie eng an die Untersuchung von Multimedia angelehnt. Wenn Probanden Akustische und Visuelle Reize erhielten, war der Lernerfolg größer als bei ausschließlich visueller Reizung. Sundar und Xue (2015) sind der Ansicht, dass Reizsetzung mit sog. Hinweisreizen (Cue) auch über durch Interaktion vermehrt auftreten kann.
Die Limited-Capacity-Theorie, welche Annie Lang zugeordnet wird, sagt aus, dass zu große Reizung dazu führen kann, dass kognitive Subprozesse nicht genug Ressourcen zugeordnet wird. Die Reize führen z. B. dazu dass sehr viel Ressourcen zur Encodierung gelangen, aber letztlich bleiben sehr wenige Ressourcen übrige so dass nicht viel von den präsentierten Inhalten abgespeichert wird.
Welche Theorie ist nun die richtige? Die Wahrheit lautet vermutlich, beide Theorien sind richtig. Es gibt Funde (Sundar & Xue, 2015), dass wenn interaktive und nicht-interaktive Bestandteile parallel präsentiert werden, eine hohe Interaktivität dazu führt, dass nicht-interaktive Bestandteile kaum erinnert werden und interaktive sehr gut erinnert werden. Demgegenüber führt eine mittlere Interaktivität dazu, dass beide Bestandteile gut erinnert werden. Nach den bisherigen Aussagen könnte man meinen, die Limited-Capacity-Theorie liegt richtig, weil die hohe Interaktivität einfach zu viel des Guten war. Für die Cue-Summation Theorie spricht jedoch, dass eine geringe Interaktivität gegenüber einer mittleren Interaktivität schlechtere Ergebnisse lieferte.
Da es insgesamt nur wenige Experimente zur Untersuchung von Interaktivität gibt, bleiben viele Fragen offen. Die Theorien scheinen relevant zu sein, aber sind die Experimente übertragbar, z. B. auf den schulischen Unterricht? Aus der (wenigen) Literatur allein, ohne die Medien selbst zu kennen, lässt sich keine verlässliche Aussage treffen. Es bleibt zu mutmaßen, ob die Ergebnisse vielleicht von weiteren Faktoren beeinflusst wurden oder ob die Medienprodukte in sich vielleicht inhaltlich schon sehr kompliziert oder das Design sehr peppig gewesen ist. Im Mediendesign gibt es etliche Faktoren die relevant sein könnten.
In dem Web-Experiment auf dieser Seite sind alle Medienprodukte aus einem Guß. Die Bilder in den Videos und der 3D-Software unterscheiden sich nicht, das gleiche modellhafte Design soll eine erhöhte Vergleichbarkeit bewirken. Geprüft wird im Experiment das Lernen per Kurzzeitgedächtnis. Als Experimentator finde ich es extrem spannend dass ich "absolut keine Ahnung habe" welches der Medien am Ende bessere Ergebnisse bewirkt, sofern es überhaupt einen Trend gibt. Und ich bin gespannt darauf, ob eine der Theorien sich in den Ergebnissen manifestiert oder beide.
Ebenfalls interessant für die theoretische Betrachtung, in diesem Experiment jedoch nur am Rande vermerkt, ist die Frage, inwiefern ein gesteigertes Interesse einen Einfluss auf den Lernerfolg hat. Vielleicht lernt man nur besser, weil das Medium gerade die Monotonie des sonstigen Methodenkanons bricht und ein Interesse weckt? Mehrere Studien konnten bislang zeigen - u.A. Pedra & Mayer & Albertin (2015) - dass sich das Interesse durch Interaktivität fördern ließ, aber daraus nicht automatisch größere Lernerfolge resultierten.
Als Schlusswort ist sicherlich geeignet, dass man von der Theorie nicht einfach auf die Praxis schließen darf. Dieses Experiment ist nur ein Schritt auf einem langen Weg, um zu entschlüsseln wie Medienprodukte an kognitive Faktoren von Lernenden angepasst werden können oder welche Auswahl an Medien für bestimmte Lehrsituationen sinnvoll ist.